Meinen ersten Sprachaufenthalt in Italien verbrachte ich in Viareggio: zwei Monate als Au-Pair – Sonne, Strand und Meer inklusive. Ich hatte eben erst die Anfängerkurse in Italienisch auf der Uni absolviert, und mein Sprachwissen beschränkte sich in erster Linie auf Grammatikkenntnisse, was aber meine Begeisterung und Motivation für alles Italienische keineswegs bremsen konnte. Jeden Tag lernte ich neue Wörter dazu und konnte mich bald rudimentär verständigen.

Und wie immer brachte der Aufenthalt in einem fremden Land wichtige und überraschende Erkenntnisse zu Land, Leuten und Kultur. Als Erstes lernte ich, dass man bei einer italienischen Caffettiera das Wasser in den unteren Teil einfüllt und dieses dann als Dampf nach oben gepresst wird. Dass ich das Wasser oben eingefüllt hatte, in der Annahme, dass es dann – wie bei österreichischen Kaffeemaschinen – durch das Kaffeepulver hindurch nach unten tröpfeln würde – löste bei Anna, der Haushaltshilfe, ungläubiges Kopfschütteln aus. Jemand in meinem Alter, der noch nicht mal wusste, wie eine Kaffeemaschine funktioniert. Unfassbar! Ich glaube, mein gestammelter Erklärungsversuch, dass wir so ein Ding in Österreich nicht verwenden und dass ich etwas Vergleichbares noch nie gesehen, geschweige denn bedient hätte, konnte Anna nicht milder stimmen. Aber wir kamen dennoch gut miteinander zurecht, und sie brachte mir sogar bei, wie man ihre unvergleichliche Tomatensauce kocht. Dieses Rezept bringt mir heute noch viel Lob bei meinen Gästen ein.

Warum in aller Welt freuten sich die Italiener so auf diesen Gurkenstand?

Eines Tages teilte mir «meine» Signora mit, sie wolle mit mir und den beiden Kindern einen kleinen Ausflug unternehmen. Das Ziel: ein Stand, an dem sie «cocomero» verkaufen. Sie beschrieb in leuchtenden Farben, wie wunderbar das sei: Der Stand würde mitten in einem Pinienhain stehen, es sei wunderbar kühl dort, und die «cocomeri» seien einfach wunderbar. Frisch

aufgeschnitten und ganz saftig. Einfach ein Traum an einem heissen Sommertag. Das klang wirklich sehr verlockend, und ich hatte alles verstanden, bis auf die zentrale Botschaft: Was in aller Welt war ein «cocomero»? Nachdem ich Französisch und Englisch beherrschte, versuchte ich über diesen Umweg herauszufinden, was das Wort bedeuten könnte. Ähnlichkeiten waren schnell gefunden: «concombre»  und «cucumber». Klar – Gurken! Endlich hatte ich verstanden, wovon sie sprach. Gleichzeitig löste das bei mir äusserste Verwunderung über die Italiener aus: Sie gehen im Sommer in einen Pinienhain, um frisch aufgeschnittene Gurken zu essen. Ein bisschen komisch fand ich das schon. Aber gut, vielleicht würde man mich ja überzeugen. Die Kinder konnten ihre Vorfreude jedenfalls kaum bändigen und waren total aufgeregt.

Wir fuhren also los und landeten am Ende tatsächlich in einem wunderschönen und angenehm kühlen Pinienhain. Wir liefen ein Stück, und bald sah ich in der Ferne einen Stand, der mit einem bunten Tuch bespannt war. Vor dem Stand standen schöne Holztische und -bänke, an denen man seine Gurken verspeisen konnte. Innerlich versuchte ich mich positiv auf die Gurkenmahlzeit einzustellen. Und was sah ich, als wir näherkamen? Wassermelonen! «Cocomeri» waren also Wassermelonen! Keine «concombres»  und auch keine «cucumbers». Das war vielleicht eine Überraschung!

Wir kauften mehrere Stücke, setzten uns an die Tische im Pinienhain und genossen die Wassermelonen. Sie schmeckten herrlich: kühl, saftig und süss. Einfach ein Traum an einem heissen Sommertag!

Corina Ramsauer