Ich bin mit Leib und Seele Übersetzerin. Mein Spezialgebiet: Headlines, Claims, Wortspiele, Lyrik – kurz: alles Kreative. Im beruflichen Alltag meistens im Rahmen von Werbekampagnen. Von Autos über Schokolade, Banken, Versicherungen, Inneneinrichtung, Putzmittel, Nudeln, Kaffee oder Medikamente bis hin zu Pferderennen, Uhren und vielem mehr.

Wer sich mit Sprachen beschäftigt weiss, dass jede Sprache ihre Besonderheiten hat und dass Übersetzen eine Kunst ist. In den wenigsten Fällen werden Texte wörtlich übersetzt, das trifft bestenfalls für einzelne Begriffe zu, wobei – oft aus kulturellen Gründen – nicht selten vermeintlich einfache Wortzusammenstellungen Überraschungen parat haben. So behaupte ich, dass «Vielen Dank!» mitnichten zwangsläufig mit «Merci beaucoup!» übersetzt werden muss, sondern dass diese Übersetzung sogar recht oft falsch ist, weil im Französischen ein einfaches «Merci!» üblich ist und daher genügt. Manches, was im Deutschen gang und gäbe ist (Ausdrücke wie «Viel Spass!» oder «Viel Freude!», um nur diese beiden zu nennen) erscheint im Französischen in einem neuen Gewand (eine mögliche Lösung wäre «Amusez-vous bien!») und bedarf nicht selten einer Erklärung unsererseits, damit unsere Kunden nachvollziehen können, weshalb dem so ist.

In diesem Zusammenhang ist das Thema der unterschiedlichen Textlängen sehr spannend. Wer zum Beispiel einmal etwas Japanisch gelernt hat, kennt die Faszination, die mit der Entdeckung eines völlig neuen Schriftsystems einhergeht. Nein, es gibt nicht nur wie auch immer geartete Buchstabenreihen, sondern auch Symbole, Schriftzeichen. Da taucht man schnell in eine völlig neue Welt ein. Grossartig!

Viele unserer Kunden benötigen Texte in mehreren Sprachen. In der Schweiz sind es bekanntlich Deutsch, Französisch und Italienisch. Oft kommt Englisch dazu. Und manchmal natürlich auch Rätoromanisch. Nun: Wenn Sie beispielsweise einen deutschen Text übersetzen lassen möchten, der genau auf eine Seite passt, werden Sie vielleicht überrascht sein, dass die Übersetzungen länger sind. Und wenn der Übersetzer nicht von vornherein eine entsprechende Anweisung bekommt, muss er (zu seinem grossen Leidwesen) seinen Text in einem zweiten Schritt kürzen, was oft einen beachtlichen zeitlichen Aufwand darstellt. Zudem mögen Übersetzer Zeichenbeschränkungen auch deshalb nicht, weil sie oft mit einem Informationsverlust verbunden sind. Am heikelsten ist es, wenn es um einzelne Worte (zum Beispiel für Website-Menüs) geht, denn da hat man meistens wenig Spielraum. Ein gutes Beispiel (Übersetzung von «views») und einen sehr fundierten Artikel zu diesem Thema finden Sie hier.

Im Facebook- und Twitter-Zeitalter sind Zeichenbeschränkungen jedoch immer mehr Bestandteil unseres Alltags. Und so kommt es auch vor, dass ich immer wieder vor sehr grosse Herausforderungen gestellt werde. So hatte ich neulich die Freude, eine zweigeteilte, sehr bildhafte Headline mit einem etwas kniffligen Wortspiel für eine bekannte Schweizer Schokoladenmarke zu übersetzen mit der Anweisung, mich möglichst kurz zu halten. Das Layout für das Plakat hatte ich erfreulicherweise vor Augen. Erst habe ich mich einige Minuten lang mit dem Wortspiel beschäftigt, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Dann erst habe ich mir die Länge angeguckt, und oh Wunder: Ich hatte *exakt* die gleiche Zeichenanzahl wie im Originaltext. Na also, geht doch!

Team Französisch