Kalt, eisig, wenig einladend – daran denkt man meist, wenn man «Sibirien» hört. Wer sich jedoch von diesen Konnotationen nicht abschrecken lässt und sich auf eine ungewöhnliche und nicht ganz unbeschwerliche Reise begibt, dem tun sich an dieser Reisedestination ganz neue Welten auf.

Kurz zur Erklärung: Sibirien ist gross, sehr sogar. Fast dreissigmal grösser als Deutschland. Der allergrösste Teil der Region hat sogenannte Permafrostböden, die auch im Sommer nur oberflächlich auftauen. Deshalb: Ja, es stimmt, in Sibirien kann es ganz schön frisch werden, bis zu –72 Grad Celsius. Was viele jedoch nicht wissen: Im Sommer ist es aufgrund des kontinentalen Klimas zumeist auch sehr heiss. Auf 40 Grad kann das Thermometer locker klettern.

Meine Reise führte mich von der Stadt Krasnojarsk in Ostsibirien über Irkutsk an den Baikalsee, das grösste Süsswasserreservoir der Erde, das eine einzigartige Flora und Fauna beherbergt. Im bzw. am Baikalsee leben über 1000 Tierarten, die nur dort vorkommen, darunter auch die drollige Baikalrobbe (auf Russisch «nerpa»), nach der ich auf meiner Reise leider vergeblich Ausschau gehalten habe.

Mit dem Zug ging es zunächst von der Millionenstadt Irkutsk aus direkt am See entlang in das kleine Städtchen Sljudjanka. (Man beachte, dass wir unsere Reise Ende Mai unternahmen und es trotzdem noch an einem Tag schneite. Auf dem See selbst schwammen noch Eisschollen, die so dick waren, dass man locker darauf stehen konnte.) Von dort aus führte uns eine unvergessliche Wanderung entlang des Baikalsees in ein winziges Dorf namens Bolschye Koty («Grosser Kater» :-)). Die geschätzten dreissig Einwohner des Dorfes waren jedoch so gut wie alle zum Überwintern in der Stadt, da sich vor Juli nur sehr wenige Touristen dorthin verirren. Es gelang uns trotzdem, bei einem freundlichen Hostelbetreiber unterzukommen, der uns sogar noch mit seinen privaten Vorräten versorgte, da auch das einzige «Geschäft» in dem Dorf nur im Sommer aufhatte. Am nächsten Tag wanderten wir auf einer anderen Route wieder zurück nach Sljudjanka. Wir hatten uns dazu entschlossen, nicht mehr weiter vorzudringen, da wir beim nächsten Mal vielleicht nicht mehr so viel Glück mit einem Schlafplatz gehabt hätten.

Eine Marschrutka (ein Gefährt, das meist mit «Linientaxi» übersetzt wird, jedoch keinerlei Ähnlichkeit mit einem Taxi europäischer Art hat) brachte uns, wieder von Irkutsk aus, in der letzten Etappe unserer Reise auf die Insel Olchon. Sie ist mit 730 Quadratkilometern die grösste Insel im Baikalsee und beherbergt 1700 Einwohner, die grösstenteils burjatischer Abstammung sind. Die Burjaten sind eines der indigenen Völker Sibiriens, die Republik Burjatien, die jedoch Teil der Russischen Föderation ist, grenzt im Südosten an den Baikalsee. Die burjatisch-russische Familie, bei der wir uns während unseres Aufenthalts auf der Insel eingemietet hatten, zeigte uns alle Naturwunder von Olchon und führte uns zu den Gedenkstätten der burjatischen Schamanen, an denen diese auch ihre Rituale abhalten. Wir erfuhren auch, dass die Insel alle paar Jahre zum Treffpunkt für Schamanen aus ganz Sibirien wird. Ein Highlight dieser Reiseetappe war die spontane Einladung zu einem Whiskey am Lagerfeuer. Ein freundlicher Inselbewohner, der uns beim Fotografieren beobachtet hatte, wollte alles über unsere Reise wissen und erzählte, wie gut ihm der letzte Skiurlaub in Österreich gefallen hätte. Da ich zwischen ihm und meinen Begleitern sprachlich vermitteln konnte, war auch die Kommunikation kein Problem.

Fazit: Wir konnten auf unserer Reise nicht nur fantastische Eindrücke aus einer fremden Welt sammeln, sondern kamen auch in den Genuss der einzigartigen russischen Gastfreundschaft. Die Destination Sibirien ist auf jeden Fall eine Reise wert!

Quelle Landkarte: www.baikalcomplex.com/de/transsibmap.htm