In der Übersetzungsbranche ist das Thema Post-Editing bereits seit einigen Jahren sehr präsent. Erfahrung in diesem Bereich konnte ich auch schon sammeln, ich habe sogar an einem Workshop teilgenommen. Dazu später mehr. Zuerst würde ich gerne über die Entwicklungen schreiben, die ich bisher als Übersetzerin erlebt habe. Denn ich arbeite mittlerweile seit 24 Jahren in der Übersetzungsbranche (fragen Sie mich bitte nicht nach meinem Alter, aber ich feiere dieses Jahr einen runden Geburtstag. ?).

Als ich angefangen habe zu übersetzen, wurden Translation-Memories kaum verwendet. Ich habe den Text einfach überschrieben. Ja, das war tatsächlich so. Als Stütze verwendete ich lange Terminologielisten (als Datei, so fortschrittlich war es schon). Dann durfte ich verschiedene CAT-Tools ausprobieren. Sie waren noch nicht so smart wie heute, aber sie waren sehr hilfreich. Auf einmal musste ich nicht mehr Fachbegriffe in einer Liste nachschauen, sondern sie wurden vom CAT-Tool erkannt und angezeigt, und ich konnte sie per Tastenkombination übernehmen. Um die Einheitlichkeit musste ich mich auch nicht mehr kümmern, das Tool hat sofort gemerkt, wenn ich bereits etwas Ähnliches übersetzt hatte. Die Tools wurden immer schlauer, und dann kam auch schon die maschinelle Übersetzung. Und damit meine Fragen: Wie kann eine Maschine überhaupt übersetzen. Und wie gut? Wird sie mich eines Tages ersetzen? Das ging mir damals durch den Kopf.

Die Maschine, dein Freund und Helfer?

Beim Begriff Post-Editing muss ich immer an einen Trickfilm aus meiner Kindheit denken. Er hiess «Capitaine Flam». Einer der Charakter war eine Art Roboter namens Simon. Es bestand nur aus dem Gehirn eines zu früh verstorbenen Wissenschaftlers, konnte aber reden. ? Ich fand das faszinierend. Wer wissen möchte, wie Simon aussah, kann auf folgenden Link klicken (der Inhalt ist auf Französisch): http://mangastar.centerblog.net/rub-capitaine-flam-.html.

Als erwachsene Übersetzerin dachte ich: Tritt nun so eine Simon-Maschine an meine Stelle und ich schaue nur mal kurz, ob er alles richtig gemacht hat? Ich gebe es zu, am Anfang war ich etwas skeptisch. Doch hatte ich das Glück, bei Diction an einem Pilotprojekt teilzunehmen, bei denen wir verschiedene Maschinen bewerteten. Bei der Qualität gab es Unterschiede, aber ich muss zugeben, dass ich teilweise über die Performance der Maschine erstaunt war. Ja, positiv erstaunt. ? Mittlerweile denke ich, dass Post-Editing einige Vorteile hat. Ich sitze nämlich nicht vor einem «leeren Blatt». Die Maschine leistet ein schönes Stück Arbeit, bevor ich loslege. Und es gibt Tage, an denen ich der Maschine sehr dankbar bin, weil ich auf die Formulierung, die sie vorschlägt, nicht gekommen wäre. Ja, meine Inspiration hängt von meiner Tagesform ab. Ich denke, solche Situationen kennt jeder, der Texte übersetzt oder schreibt.

So, genug die Maschine gelobt. ? Sie ist selbstverständlich nicht perfekt. So sind Apostrophe und Anführungszeichen im Französischen (meiner Muttersprache) immer falsch. Auch übernimmt die Maschine nicht immer die richtige Terminologie. Und sie tut sich ab und zu mit Kontext schwer. Aber im Allgemeinen sehe ich das Post-Editing als eine angenehme Abwechslung zu meinen anderen Aufgaben bei Diction.

Ein sehr spannender Workshop

Vor ein paar Monaten durfte ich an einem Workshop zum Thema Machine Translation Post-Editing teilnehmen. Dieser Workshop wurde von Diction in Zusammenarbeit mit der ZHAW durchgeführt. Teilnehmen durften Diction-Mitarbeitende und Freelancer. Es war schön, die Gesichter zu einigen Namen zu sehen. In einem ersten Teil vermittelte ein Dozent theoretisches Wissen zum Beispiel den Unterschied zwischen Light-Post-Editing (LPE) und Full-Post-Editing (FPE). Beim LPE werden keine stilistischen Anpassungen vorgenommen. Beim FPE sollte das Ergebnis dem einer Humanübersetzung entsprechen. Im zweiten Teil durften wir dann üben: Wir haben LPE und FPE ausgetestet und die Ergebnisse besprochen. Zudem haben wir unsere bisherigen Erfahrungen geteilt und uns über die Vor- und Nachteile des Post-Editings unterhalten. Dieser Teil wurde von einer Dozentin der ZHAW geleitet, die zu diesem Thema forscht. Bei diesem Austausch bestätigte sich meine Ansicht:

  • Fürchte dich nicht vor dem Post-Editing
  • Betrachte das Post-Editing als eine Stütze
  • Denk nicht, dass die Maschine dich bereits morgen ganz ersetzen wird
  • Gehe einfach mit der Zeit

Post-Editing: Wie geht es weiter?

Nun, ich habe keine Kristallkugel und kann demnach die Zukunft nicht vorhersagen. ? Eins ist aber für mich klar: Das Post-Editing wird weiter Teil meines Arbeitsalltags sein. Die Maschinen werden immer intelligenter. Die neuronale maschinelle Übersetzung, die wir als Grundlage für das Post-Editing nutzen, liefert teilweise verblüffende Ergebnisse. Und diese werden sich mit der Zeit sicher noch weiter verbessern. Dennoch wird es aber immer Texte geben, bei denen es einen Menschen braucht. Als Beispiel fallen mir Texte mit werberischem Charakter ein. Und wenn es die Maschine eines Tages doch schaffen sollte, den Menschen komplett zu ersetzen, so hoffe ich, dass ich dann bereits in Rente bin. ?

Natacha Szkudlarek, Französisch-Übersetzerin

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