An manchen Tagen starre ich auf den Bildschirm und denke: «Mission impossible». Warum? Weil ich vor einer Herausforderung stehe (oder besser gesagt sitze ?) und den Eindruck habe, ich werde diese nicht meistern können. Nun, welche Herausforderung kann mich so verzweifeln lassen? Die Textlänge beim Übersetzen, sprich die Zeichenbeschränkung! Sie begleitet mich in meinem Alltag als Übersetzerin. Und dies immer öfter. Denn in den letzten Jahren hat die digitale Kommunikation an Bedeutung gewonnen.
Social Media: Mit der Machete unterwegs
Bei gewissen Formaten ist eine maximale Zeichenanzahl vorgegeben. Und wenn der deutsche Text schon nahe an der Grenze liegt, dann kann es bei Französisch, meiner Muttersprache, schwierig werden, diese Vorgabe einzuhalten. Das ist zum Beispiel der Fall bei Posts für Social Media. Hier bin ich manchmal schlicht und einfach mit meiner Machete unterwegs: Kürzen ist angesagt! Im Laufe der Zeit habe ich eine gewisse Strategie entwickelt. Ich lasse Füllwörter weg, konzentriere mich auf die Aussage und lösche alles, was «überflüssig» ist.
Aber es gibt auch Texte, die in Hinsicht Zeichenbegrenzung sehr anspruchsvoll sind. Texte, bei denen ich ein Zeichen zu viel habe und minutenlang überlege, wo ich dieses eine Zeichen sparen könnte. Hat mich dies schon einmal an den Rand des Wahnsinns gebracht? Das wäre vielleicht übertrieben, aber ins Schwitzen kommt man schon hin und wieder.
Textlänge beim Übersetzen: Magazine, Untertitel und mehr
Die Social Media sind nicht das einzige Kommunikationsmittel, bei dem Zeichenbeschränkungen vorkommen. Auch bei einer Broschüre oder einem Magazin ist der Platz begrenzt. Da kann es sein, dass ich von vorneherein eine maximale Zeichenanzahl vom Kunden bekomme. In diesem Fall richte ich mich während der Übersetzung danach.
Manchmal erhalte ich aber auch erst nach der Übersetzung eine gelayoutete Datei, in der zu kürzende Textstellen markiert sind oder in der kommentiert ist, um wie viele Zeilen ein Absatz oder eine Headline zu lang sind. Auch diese Art von Zeichenbeschränkung hat mir schon Kopfzerbrechen bereitet. Manchmal lese ich einen Absatz mehrmals, bis ich weiss, wo und wie gekürzt werden kann. Ich schaue dann, ob eine Information zweimal vorkommt, ob es Synonyme gibt, die weniger Zeichen enthalten usw.
Auch bei Untertiteln ist die Länge wichtig. Man soll genug Zeit haben, sie zu lesen. Sind die Untertitel zu lang, hat man Mühe mitzukommen. Es geht um «Reading Speed», wie es im Jargon heisst. Hier gehe ich pragmatisch vor: Die Aussage muss stimmen und die Länge auch. Ich versuche, den Text von vorneherein knapp zu formulieren, und da ich inzwischen viel Übung habe, funktioniert das auch gut.
Zeichenbeschränkung beim Texten: Meine grösste Herausforderung
Vor ein paar Jahren durfte ich Teaser für Rezepte texten. Die Vorgaben waren streng: Es gab eine untere und eine obere Zeichengrenze, zudem sollte ich im Teaser einige Zutaten aus dem Rezept erwähnen. Ach ja – und das Ganze sollte natürlich Lust darauf machen, die Rezepte zu Hause auszuprobieren. Am Anfang war es für mich schwierig, den Anforderungen gerecht zu werden. Ich dachte oft: «Mission impossible». Aber dieses Projekt hatte auch seine guten Seiten: Ich genoss so viel Freiheit wie nie zuvor und durfte sehr kreativ sein. Der Auftrag erstreckte sich über mehrere Wochen, und mit der Zeit machte es mir richtig Spass, die Teaser zu texten. Aufgrund der beschränkten Textlänge musste ich oft nach kürzeren Synonymen suchen: «exquis» ist zum Beispiel viel knapper als «succulent». Dabei wurde mir wieder einmal bewusst, wie reich an Ausdrücken die französische Sprache eigentlich ist. Und es gab Rezepte, da lief mir das Wasser im Mund zusammen. ? Am Ende des Projekts konnte ich sagen: «Mission accomplished». So lernte ich, dass die Arbeit mit Zeichenbeschränkung durchaus Vorteile haben und auch Spass machen kann. Wenn ich zurückblicke, dann muss ich gestehen, dass die Teaser eins der schönsten Projekte waren, die ich in all den Jahren bei Diction ausführen durfte.
Falls wir Sie zu Textlänge beim Übersetzen (oder beim Texten) beraten können, melden Sie sich gerne – Sie sehen, wir haben Erfahrung. ? Und es ist wirklich für beide Seiten von Vorteil, wenn man Zeichenbeschränkungen vor dem Projekt bespricht.
Natacha Szkudlarek, Übersetzerin Französisch
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