Vor gut viereinhalb Jahren bin ich nach Deutschland ausgewandert, hab mein Herz in Heidelberg verloren, wie es so schön heisst. Da ich zuvor schon im Ausland gelebt hatte, schien mir dieser Schritt ins Nachbarland nicht wirklich gross, der administrative Aufwand hielt sich denn auch in Grenzen. Dass dort dieselbe Sprache wie bei uns gesprochen wird, erleichterte die Sache natürlich ungemein. Oder besser: die vermeintlich selbe Sprache, wie ich nach und nach feststellen musste.

Hier einige der lustigsten Missverständnisse und Sprachunterschiede, die mir begegnet sind.

Ausländerausweis vs. Aufenthaltserlaubnis

Begonnen hat es eigentlich schon, als ich auf der Gemeinde («im Rathaus, meinst du») meinen Ausländerausweis beantragen wollte. «Ausländerausweis?» Die Dame sah mich mit fragendem Blick an. Ja, ich sei vor kurzem nach Deutschland gezogen und bräuchte doch jetzt eine Bestätigung, dass ich hier wohnen und arbeiten dürfe, ich sei ja keine EU-Bürgerin. «Einen Perso für Ausländer?» Vielleicht war die Dame auch einfach noch nicht ganz wach, aber es machte dann doch Klick bei ihr: «Ach, Sie meinen eine Aufenthaltserlaubnis!» Ja, genau! Da könnte man doch gleich drauf kommen.

Als die Aufenthaltserlaubnis endlich abholbereit war, war ich ein bisschen enttäuscht von deren Aussehen. Es ist eine spezielle Aufenthaltserlaubnis für Schweizer Staatsbürger: ein grünes Papier, weniger stabil als ein Geldschein. Ich könnte es einfach zerrupfen. Was, wenn mein Portemonnaie (Verzeihung: mein Geldbeutel) mal ins Wasser fällt? Dann ist der «Fötzel» hinüber. Na ja, egal: Ich darf nun offiziell hier wohnen, juhu!

Ausgang vs. ausgehen

Dieses Ereignis musste natürlich entsprechend gefeiert werden, und ich wollte wieder einmal so richtig abtanzen. Aber als ich meine Freundinnen fragte, wo wir denn an diesem Wochenende in den Ausgang gehen wollten, schauten sie mich nur fragend an. «In welchen Ausgang willst du dich genau stellen?» Da war ich meinerseits kurz verdattert, bis mir auffiel, dass sie nie vom Ausgang sprachen, sondern immer davon, noch ausgehen zu wollen. Dieses Verb existiert nicht als Nomen in «korrektem» Deutsch, ups.

Studieren vs. überlegen/nachdenken

Jemanden zum Studieren aufzufordern, ist nicht immer eine gute Idee. Mein Göttergatte und ich grübelten über die Lösung eines Problems nach. Ich sagte etwas genervt: «Du musst halt mal studieren!» Er, etwas eingeschnappt: «Kann ich doch nicht, ich hab kein Abi. Ausserdem muss man nicht immer für alles studiert haben!» Oje, wunder Punkt, aber so hatte ich das doch gar nicht gemeint: Er sollte einfach sein Hirn anstrengen und sich etwas überlegen – das geht normalerweise auch ohne Abi (sprich: Matura).

Guten Tag vs. Hallo

Ich fand zu Beginn, dass die Deutschen recht unhöflich sind. Sie begrüssen jeden mit «Hallo», da wird nicht unterschieden, ob man die Person duzt oder siezt. Ich wurde etwas komisch angeschaut, wenn ich an der Rewe-Kasse «Guten Tag» anstatt «Hallo» sagte. Dasselbe gilt fürs Verabschieden: Nach dem Einkauf im Buchladen sagt man «Tschüss!» und nicht «Auf Wiedersehen!». Die wollen mich offensichtlich nicht so schnell wiedersehen …

Ich hätte gerne vs. ich bekomme

Beim ersten Restaurantbesuch war ich noch viel geschockter. Was denken sich die Leute, wenn sie beim Bestellen sagen: «Ich krieg’ das Schnitzel mit den Pommes, dazu einen Salat – aber mit französischem Dressing!»? Fehlt nur noch der mahnende Zeigfinger. Das heisst doch: «Ich hätte gerne das Schnitzel mit den Pommes, und könnten Sie mir noch einen Salat dazu bringen? Gerne mit französischer Sauce, bitte, wenn das geht? Vielen Dank!»

Peperoni vs. Paprika

Dazu muss ich wohl nicht viel sagen. Meine Pizza konnte ich jedenfalls nicht essen, viel zu scharf! Mein lieber Mann gestand danach, dass er es absichtlich gemacht hatte: Er bestellte für einen gemütlichen Sonntagabend Pizza, ich wollte meine gerne mit Peperoni und Mais. Er weiss eigentlich haargenau, dass ich mit Peperoni Paprika meine. Aber er wollte mir wohl eine Lektion erteilen. Er bestellte jedenfalls wirklich Peperoni – und die mag ich gar nicht. Tja, das wars dann mit meinem Abendessen, da sie geschnitten waren und ihre Schärfe sich auf der gesamten Pizza verteilt hatte.

Schmecken vs. riechen

Apropos Geschmackserlebnisse: Wenn ein guter Duft aus der Küche weht, kommentiere ich das gerne mit «Mmm, es schmöckt guet!» Worauf mein Mann beim ersten Mal antwortete:

«Wie willst du das wissen? Du hast doch noch gar nicht probiert.» Es ist wohl schon gewöhnungsbedürftig, dass wir Schweizer kein wirkliches Äquivalent zu «schmecken» haben. Wir sagen dann einfach: «Es isch fein.» Wenn wir «schmöcke» brauchen, meinen wir immer den Geruch, nicht den Geschmack – Verwirrung total.

Luft vs. Wind

Hier kommt es des Öfteren zur Genusverwirrung. «Der Luft ist schon fies heute.» Da wurde ich auch erstmal gross angeschaut. «Das heisst ‹die Luft›.» Ah, ja klar, aber die Luft atmet man, oder die riecht gut usw. Der Luft bläst. Es ist eben der Wind.

Ich könnte noch viele weitere Beispiele aufzählen, es gibt beinahe täglich solche und ähnliche Vorkommnisse, obwohl ich mir mittlerweile eigentlich das deutsche Hochdeutsch angewöhnt habe. Unser armes Töchterchen wird den Salat in ihrem Kopf aber erst mal ordnen müssen, da ich mit ihr Schweizerdeutsch spreche, ihr Papa hingegen deutsches Deutsch. Es gibt zeitweise jetzt schon lustige Situationen in der Kita, wenn sie mit ihrem Mix kommt. Nicht immer verstehen die Erzieherinnen, was sie genau sagen will. Einmal Sprachsensibilisierung für alle, bitte!

Wanda Schweda

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