Was hat mir in den USA fast zehn Jahre lang gefehlt? Kohlrabi? Preiswerte Zahnbürsten? Zurückhaltendes Restaurantpersonal? Sicherlich. Aber als ich nach der Rückemigration den Fernseher anwarf, wurde mir klar: Es waren die Synchronstimmen aus der Hölle. Egal, ob es um Filme, Computerspiele oder Werbung geht – zwangsgermanisierte Schauspieler sind überall dabei. Das Schlimmste: Im ganzen deutschsprachigen Raum gibt es nur gefühlte sieben Synchronsprecher.
Aber gut – auch die Mitglieder dieses so wichtigen Berufszweigs müssen die Raten fürs Eigenheim irgendwie bezahlen und können daher wohl nicht nur einen Star sprechen. Und überhaupt, warum sollte es pro Mensch nur eine Stimme und pro Stimme nur einen Menschen geben?
Machen wirs uns mit einer Schüssel Popcorn gemütlich und schalten die Kiste an. Um 20.15 Uhr kommt ein Actionfilm. In der Werbepause merke ich, dass Bruce Willis nicht nur besonders gut Knarren schwingt und super Deutsch spricht, sondern nebenher Fernsehreklame für einen Baumarkt macht. Würde dem echten Bruce bestimmt gefallen. «20 Prozent auf alles» dröhnt ein fremder Mann mit seiner Stimme, und ich renne zurück ins Wohnzimmer, weil ich denke, der Film geht weiter. Danach was Leichtes: ein paar Folgen Big Bang Theory. Warum mir beim Gucken immer Leonardo DiCaprio im Hinterkopf herumspukt, weiss ich auch nicht so recht …
He, wie wärs mit einem Partyspiel? Fernseher an, alle schliessen die Augen und versuchen anhand der Stimmen herauszufinden, welcher Schauspieler da gerade synchronisiert wird. Ah, die Stimme kenn ich doch von absolut überall: Natalie Portman? Ellen Page? Kate Mara? Reese Witherspoon? Auch Computerspiele leiden unter Persönlichkeitsspaltung: Jemand tippt noch auf eine Figur aus Assasin’s Creed …
Schlimmer ist nur noch der Dämon-Effekt: Aus dem Mund eines Schauspielers, den man jahrelang mit einem bestimmten, vertrauten Klang in Verbindung gebracht hat, kommt plötzlich gruselig eine andere Stimme. Der Exorzist lässt grüssen.
Hey, verrückte Idee: Wie wärs stattdessen mit Untertiteln? Internationaler, unkomplizierter – und auf jeden Fall undämonischer. Allerdings könnte ich mich dann nicht mehr so schön ärgern …
Elisabeth Rettelbach